Ehemaliger Schuhmacher aus dem Ahrtal mit außergewöhnlicher Machart (Video)

  • Wer sich mal ein langes Schuhmachervideo ansehen möchte:

    Der Film ist von etwa 1990 und zeigt einen sehr alten Schuhmacher, der zur Demonstration ein Paar Massschuhe anfertigt, nachdem er Jahrzehnte lang eigentlich nur Schuhe repariert hat. Seine Ausbildung hat er vor allem in den 1920er und 1930er Jahren gehabt bzw. da seine Basiserfahrung gesammelt.

    Insofern ist es interessant, welche Machart er verwendet: Er näht zuerst die Brandsohle und den Schaft zusammen, Brandsohle dabei durchgestochen. Dann bringt er nur vorne am Schuh mit Holznägeln einen Rahmen an. Den entstehenden Hohlraum füllt er mit Lederresten. Dann bringt er die Laufsohle an, indem sie vorne an den Rahmen dran näht und in der Mitte mit Holznägeln auf die Brandsohle hämmert. Den Absatz macht er dann sozusagen ganz klassisch.

    Ist das sozusagen eine neue Machart? - Klar, die Einzelteile hat man mal gesehen, aber in dieser Mischung ist mir das neu.

  • Das ist eine Unterart von "Holzgenagelt":
    Nach dem Einbinden des Schuhschafts nagelt er den Riemen (Rahmen) auf, an den er später die Laufsohle andoppelt - im Absatzbereich

    benutzt er dafür Holznägel.
    So etwas findet man heutzutage noch in Österreich, in Deutschland seltener.

  • Ja, nicht nur im Absatzbereich nutz er Holznägel, auch für den mittleren Teil der Laufsohle. Aber dadurch, dass der Rahmen auch holzgenagelt ist, ist sozusagen der ganze Sohlenbereich holzgenagelt. Denn das Drannähen der Laufsohle an den Rahmen ist zwar was anderes, aber durch den holzgenagelten Rahmen ist die Laufsohle vorne quasi auch holzgenagelt. - So habe ich das verstanden. Macht in meinen Augen Sinn.

  • Nein, tatsächlich nicht, denn dann müsste er den Schuhschaft beim Nageln "unter Spannung" halten, später auch,
    mit dem Einbinden ist es dauerhafter und elastischer.

  • Stimmt, das macht Sinn. Die temporären Eisennägel müssten ja sonst weg, wenn die Laufsohle drauf genagelt wird. Und dann wäre die notwendige Spannung weg.

    Wieso macht der Schuhmacher eigentlich so einen kurzen Rahmen drauf? Er könnte doch die Laufsohle gleich ohne Rahmen drauf nageln?!

    Machen der Rahmen und die zusätzliche Nähung den Schuh flexibler? Oder dient das vor allem der Optik?

  • Nun, er könnte eine Zwischensohle aufnageln statt des Rahmens...
    Warum er einen kurzen Riemen verwendet?
    Er hat es so gelernt... es fehlt ja auch die Gelenkfeder, der obere Absatzkeder, und der untere ist ziemlich grob gemacht.

    Das Video ist schon alt und der gezeigte Schuhmacher noch viel älter. Heute macht man vieles anders.

  • Ah ok. Mich hat interessiert, ob das sozusagen verlorenes Wissen ist, welches seine Vorteile hat. Oder ob dieses Wissen heutzutage überholt ist und man es bewusst anders macht. In dem Fall dann also letzteres.

  • Ja, nicht nur Handmacher. Materna, Petrov und Maftei ja auch. Ich kann die Machart noch nicht richtig zuordnen (Vor- und Nachteile). Auf dem einen Blog - „silvae“ - gibt es auch kein eindeutiges Fazit darüber, was denn nun besser ist, soweit ich mich erinnere. Und wieso nicht direkt holzgenagelt mit von Hand rahmengenäht vergleichen? Ich habe bisher nur von Hand holzgenagelt in Videos gesehen.

  • Der Vergleich wäre kompliziert, denn dann müssten alleine vom verwendeten Material her alle Komponenten gleich sein
    wie Beispielsweise eine Brandsohle der Stärke X mm plus Laufsohle mit y mm plus Zwischensohle mit z mm - aus derselben Gerberei und gleich gegerbt.

    Da hinzu käme noch der Schaft aus bspw. chromgegerbtem Leder.

    Selbst wenn die Schuhe dann vergleichbar wären, dann käme es immer noch auf das persönliche Empfinden des Schuhträgers an.

    Ich trage zum Beispiel am liebsten die Machart Stagno statt Norvegese oder von Hand gedoppeltem Goodyear.

    Von daher lassen wir jedem die Freiheit zu tragen, was er bevorzugt. :wink:

  • Ja, ist gut. Ich habe gehofft, man könne etwas aussagen, was über ein persönliches Empfinden hinausgeht. - Natürlich bei gleichem Material, gleichen Leisten usw., damit man möglichst nur die unterschiedlichen Macharten nebeneinander hat.

    Ich selber weiß noch nicht, was ich am liebsten trage, habe auch nicht alles ausprobiert. Aber ich mache einige Erfahrungen und das ist wohl gut. Ich finde so ein Erfahrungsaustausch kann inspirierend sein für weitere bzw. neue Erfahrungen.

    Aber das wäre mal vielleicht interessant: Sich vom Schuhmacher seines Vertrauens möglichst das gleiche Paar Schuhe in unterschiedlichen Macharten anfertigen lassen. Für mich zumindest ein recht teures Experiment. Aber interessieren würde es mich.

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