Nicht nur im Internet wird viel Unsinn über Schuhe und deren Pflege verbreitet.
In Norden wird z.B. behauptet wird man bräuchte unbedingt eine Ziegen- oder Yakhaarbürste,
um eine Wasserglanzpolitur (Waglapol, WGP) hinzubekommen:
Falsch!
Die Kunst besteht darin das Wachs möglichst dünn und mit einer planen Oberfläche, die das einfallende Licht wie ein Spiegel reflektiert, herzustellen.
Dazu braucht es einen möglichst planen Lappen; da aber ein Baumwolllappen gewebt ist, also eine feine Struktur aufweist,
feuchtet man ihn an.
Dadurch und weil man den Lappen über 2 Finger führt entsteht eine relativ plane Fläche zum Auftrag des Wachses.
Nimmt man nun ein ganz klein wenig Wachs mit dem feuchten Lappen auf, verteilt es gleichmäßig und mit ganz wenig
Druck auf dem Leder, dann entsteht dieser dünne und plane Wachsfilm auf der Vorderkappe, die Wasserglanzpolitur.
Man braucht also überhaupt keine Bürste!
Vielmehr sieht man auch beim Gebrauch einer Ziegenhaarbrüste, z.B. beim Nachpolieren der WGP, ganz feine Kratzer
auf der Oberfläche.
Auf einer bekannten Pflegeseite steht, man könne die Wasserglanzpolitur nicht auf neuen Schuhen ausführen, weil dies zu Wachsbruch führen würde.
Falsch!
Es mag sein, dass der Verfasser dieser Pflegeanleitung nicht weiß wie man das macht, weil er ja bis vor kurzem
nur immer Wachs benutzt hat.
Richtig pflegt man neue Schuhe mit einer hochwertigen [echten]Schuhcreme, was besonders wichtig ist,
da dies die Erstpflege des Leders ist.
Diese enthält unter anderem auch ~30 % Wachs, das eine erste sehr dünne Wachsschicht auf dem Leder bildet.
Dann erfolgt die erste sehr dünne Wachsschicht und nach dem Auspolieren lässt sich vollkommen problemlos
eine Wasserglanzpolitur auftragen – nur können muss man es schon!
In Süddeutschland scheint es so wenn man sich Pflegeseiten, Pflegefibeln oder Pflegevideos anschaut Usus zu sein
auch das letzte Quäntchen Öl aus dem Leder, egal ob Rau- oder Glattleder, auszuwaschen.
Falsch!
Lustig ist, dass der Sprecher im Abspann eines Videos den Hinweis gibt, dass man dies, das Waschen, bei Raulederschuhen
nur äußerst selten machen sollte.
Also weiß der Filmemacher sehr wohl, dass man speziell Rauleder gerade nicht mit Wasser und Seife die Öle/Fette
auswaschen soll!
Bei Glattleder ist es dasselbe, nur kann man anschließend wieder die mit Seife und Bürste (?) ausgewaschenen
Farbpigmente und Öle wieder mit Lederöl oder einer guten Schuhcreme, Lotion oder einem Renovateur wieder zuführen.
In Österreich und der Schweiz sollen selbst Schuhmacher nach den Schilderungen Gutra-Lederfett zur Schuhpflege empfehlen.
Falsch!
Das Fett oxidiert, härtet aus und macht die Oberfläche des Leders matt - Polieren oder gar eine Wasserglanzpolitur
ist dann nicht mehr möglich!
Es sei denn man entfernt dieses Fett wieder mit einem starken Lederreiniger und führt anschließend dem Leder
wieder seine Öle zu.
Bei Bergschuhen dagegen ist Lederfett durchaus angebracht, um sie gegen Feuchtigkeit abzudichten.
Ebenso bei Schuhen aus Fettleder - aber niemals bei Pferdeleder/Cordovan!
Mischprodukte, die auf einem Schuhwachs, wenn es sich auch vollkommen anders nennt, aufbauen und denen
Lederfett zugemischt wurde, sind schlichtweg abzulehnen.
Der Anbieter selbst schreibt bei der entsprechenden Pflegeanwendungshinweisen, dass man dieses Produkt
nicht durchgängig,
sondern nur im Wechsel mit (s)einem Schuhwachs anwenden soll und dafür dürfte er seine durchaus plausiblen Gründe haben!
Es stellt sich dem distanzierten Betrachter auch die Frage wozu man solch ein Pflegemittel überhaupt braucht,
wo doch derselbe Anbieter bei seinem anderen Wachs behauptet, es würde die Schuhe gegen Feuchtigkeit abdichten.
Es wird also viel Unsinn über die Schuhpflege verbreitet und die Kunden für dumm verkauft - oft ist das Reklame
und manchmal geschieht dies wider besseres Wissen.
ABER für solche Falschinformationen den Kunden dann auch noch bis zu 100 €uro in sogenannten Schuh-Pflege-Stilberatungs-Work-Shop-Seminaren-Abenden-....-... abzuknöpfen ist schon gelinde gesagt eine absolute Frechheit!
Heute Abend habe ich mir das Video eines bekannten amerikanischen Blogs über die "Pflege" von Raulederboots angeschaut.
Der Autor hielt die Schuhe minutenlang unter fließendes Wasser und bürstete sie dabei mit einer Bürste mit
Kunststoffborsten ab.
Anschließend stopfte er recht lose Zeitungspapier hinein.
Das Ergebnis waren Raulederschuhe mit einer hellen Vorderkappe - die Salzkruste war auf den Kappen wohl verschwunden, aber man konnte aufgrund der Kameraeinstellung nicht erkennen ob die Flecken im Leder weg waren...
Den Flor richtete er dann wieder mit der bekannten Nylonbürste auf.
Falsch!
Wenn jemand unbedingt die Lederfasern zum splissen bringen will, damit der Schuh aufhellt, dann kann er dies gerne
mit Nylonborsten machen, ansonsten empfiehlt sich eine Naturhaarbürste, da deren Besatz (= Borsten) weicher ist
und die Raulederfasern nicht aufsplisst.
Zum Entfernen des Staubes reicht aber vollkommen die Crepebürste aus.
Flecken entfernt man, indem man sie mit einem Raulederreiniger wie z.B. dem Omnidaim von Avel oder dem
Détachant von Grison anlöst und mit der Crepebürste abreibt.
Fett- oder Ketchupflecken kann man zuvor mit dem Radiergummi anlösen und die Masse soweit abreiben,
dass man anschließend den Fleck im Rauleder selbst mit dem Reiniger entfernt.
Die Messingbürste sollte man nur als allerletztes Mittel einsetzen, um das Rauleder wieder aufzurichten, weil sie ebenfalls die Lederfasern zersplisst.
Aber nun noch eine Geschichte, die auch schon viele Lenze auf dem Buckel hat:
Es ist grundsätzlich ein Unsinn Leuten immer wieder zu raten ein dunkleres Wachs auf die Schuhe aufzutragen - wozu soll das gut sein?
Antik-Effekt?
Stylish - weil angeblich englische Gentlemen nicht möchten, dass jemand bemerkt, dass sie neue Schuhe tragen, da das dort angeblich verpönt sei?
Oder einfach nur eine Geschmacksfrage?
Zur Abdunkelung des Leders?
Warum kauft sich der Mann dann nicht gleich dunklere Schuhe?
Wozu sonst?
Ehrlich - mir fällt eigentlich Nichts ein warum man ein Leder mit einem dunkleren Wachs einreiben sollte.
Abtönen kann man das Schaftleder von Schuhen je nach Lederqualität und -art mit einer Schuhcreme - also der
weichen - und erhält so eine andere, dunklere Farbnuance.
Oder einfach mal in NAS nach dem Berluti-Effekt suchen: Wachs + Lederöl.
Bei Wachs, sofern man den Schaft nicht millimeterdick damit einschmiert, spielt dessen Farbe, Ausnahme: farbloses Wachs,
weil höherer Lösungsmittelgehalt und so die Gefahr der Entfärbung insbesondere bei billigem Leder besteht, gar keine Rolle!
Wer es nicht glaubt, der kann ja einmal schwarze Schuhe mit einem roten oder blauem Wachs pflegen - sie werden genauso
glänzen wie mit einem schwarzen Schuhwachs.
Braune Schuhe kann man auch mal mit rotem oder blauem Wachs polieren und schauen was dann passiert - aus welchen 2 Primärfarben wird Braun eigentlich gemischt?
Dünn mit Schuhwachs eingerieben, werden die Schuhe glänzen und maximal und je nach Lichteinfall einen
ganz leichten Schimmer der Wachsfarbe erkennen lassen.
An den Nähten kann man eventuell Wachsreste erkennen, aber es ergibt interessante Farbspiele auf dem Leder
wenn man z.B. einen hellbraunen Schuh mit rotem und/oder blauem Wachs poliert und eventuell vorher schon
eine entsprechende Schuhcreme hauchdünn aufgetragen hat.
(Auch diese, sofern gutes Anilin-Leder und nur hauchdünn aufgetragen, kann man wieder mit einem kräftigen Lederreiniger entfernen.)
Nur bei der WGP spielt die Wachsfarbe und die Reihenfolge ihres Auftrags eine Rolle, beginnt man mit rotem Wachs,
so erscheint die Politur heller, bei ersten Wachsschichten mit blauem Wachs (und danach erst rote Schichten) dagegen heller.
Durch die verschiedenen Wachsfarben, die nicht mit der Lederfarbe identisch sein sollen, erreicht man den Tiefenglanz
so als könne man förmlich ins Leder hineinschauen.
Und grundsätzlich kann man das Schaftleder auch wieder vom (dunklen) Wachs mit einem Lederreiniger befreien - sofern man kein Lederöl-Wachs (oder Creme-)-Gemisch benutzt hat - befreien.
Neulich las ich, dass jede Schuhcreme ein Lösungsmittel enthält - da stellt sich dann doch glatt die Frage
wie man hydrophobiertes Schaftleder pflegt.
Richtig ist, dass Schuhwachs immer einen hohen Lösungsmittelanteil von 40 % und mehr enthält.
Schuhcreme als Emulsionscreme auf Wasserbasis enthält keine Lösungsmittel, auch keinen geringen Anteil.
Schuhcreme gibt es aber auch auf Ölbasis wie z.B. die Saphir Crème von Avel und diese enthält Lösungsmittel,
allerdings weit weniger als das Wachs.
Eine dünne Wachsschicht entfernt man mit einer Lotion, die auch gleichzeitig pflegt - erst dickere, mehrlagige
Wachsschichten mit einem Lederreiniger.
Die Pflege-Regel lautet:
3 bis 4 mal die Schuhe einwachsen, dann reinigen und eincremen, anschließend wieder 3-4 mal...
http://www.youtube.com/watch?v=nL2ka6Evjc8
Weitere Infos auch beim Fraunhofer Institut: http://www.fraunhofer.de/
Frage eines Newbies:
"Insbesondere in sämtlichen Löchern und Nähten hat es eine weißliche Kruste gebildet ..."
Antwort:
"Dann musst du die Kotbürste nehmen und dir die Seele aus dem Leib bürsten. am Ende kommt, wie bereits erwähnt der Zahnstocher, stumpf oder spitz findet man mit ein wenig Verstand leicht heraus."
Wie das Bild der Kotbürste aus Palmenfasern, Kunsthaar oder Schweineborsten, zeigt, sind diese immer sehr/recht hart:
Man könnte nun jemandem raten das Wachs mit einer Roßhaarbürste und kurzem Besatz von +/- 20 mm abzubürsten
oder die vermutlich zu dicke Wachsschicht mit einem Lederreiniger, oder als Behelf mit einem farblosen Wachs
(höherer Lösungsmittelanteil), zu entfernen bzw. anzulösen oder ganz einfach noch eine Schicht Wachs auftragen
und diese SOFORT mit der kurzen Bürste auszupolieren, aber mit einer KOTBÜRSTE das Oberleder zu ruinieren?
Es gibt Schuhpflegeseiten bei denen ich nur den Kopf schütteln kann, zumal sie den Eindruck erwecken,
dass sie reine Promotionsseiten einer ganz bestimmten Vertriebsfirma sind und zudem nicht von sehr viel
Sachverstand [siehe u.a. 5)] zu zeugen scheinen.
Etwas weniger dramatisch aber trotzdem Nonsens über die Wasserglanzpolitur:
„Richtig, Wachs mit Wasser.
Nachpoliert in diesem Fall mit einer Ziegenhaarbürste, auch wenn es Leute gibt, die behaupten, dass dadurch Kratzer im Wachs entstehen.
Kann ich nicht bestätigen.“
Ich bin so einer, der das behauptet:
Man sieht die Kratzer der Ziegenhaarbürste wenn man sie sehen will - einfach nur mal gegen das Licht halten.
Sobald man beim Versuch eine Wasserglanzpolitur herzustellen eine Bürste zur Glanzerzeugung einsetzt,
so ist es - der Name sagt es so - keine Wasserglanz-Politur mehr, sondern eine ganz normale (Bürsten-) Politur.
Bei einer Wasserglanzpolitur wird die ebene, spiegelnde Oberfläche des Wachses durch das Wasser auf dem Tuch
als Gleitfilm erzeugt.
Benutzt man (nur) ein trockenes Tuch über Zeige-und Mittelfinger gespannt, so kann man damit bereits einiges
an Glanz erzeugen indem man das Wachs ganz dünn ausreibt und dabei so gut wie keinen Druck auf das Leder
ausübt, kreisförmig das Wachs verteilt und ganz dünn ausreibt.
Es ist auch keine große Kunst auf einen Schuh ein Dutzend Wachsschichten aufzutragen, sondern nur eine Frage der Zeit.
Den Sinn und Zweck mehrere Wachsschichten auf einen Schuh aufzutragen ohne jede einzelne auszupolieren - sei es
mit Wasser oder zur Not auch mit einer Bürste (mit oder ohne Nylonstrumpf) - kann wohl nur dazu dienen,
eine dicke Wachskappe darauf zu erzeugen, denn einen Tiefenglanz durch Lichtbrechung kann man so wohl nicht herbeiführen.
Wasser-Schnell-Politur:
Grundvoraussetzung für die Verteilbarkeit von Schuhwachs ist das Lösungsmittel, das nach dem Auftrag verdunstet,
so dass das Wachs aushärtet.
Wartet man 1 Stunde oder länger zu, dann ist die Politur des aufgetragenen und ausgehärteten Wachses mittels
eines feuchten Tuches wesentlich schwieriger als beim Auftrag selbst.
Schnell ist diese Methode wohl auch nicht.
Schnell trägt man eine Wasser-Glanz-Politur unter Benutzung von Schuhwachs mithilfe eines ganz leicht
angefeuchteten Baumwolltuches oder -gewirks (Unterwäsche) auf - dafür benötigt man allerhöchsten ein paar Minuten.