Herrenbekleidung respektive Schuhe weisen Reminiszenzen z.B. an Reiten, Jagd, und Militär auf (al). Welche Bedeutung käme dabei bezüglich Schuhe den Rottönen zu und ist Rot nicht doch viel mehr ein erotisierend anziehendes Instrument der Frau? Es gibt wohl kaum eine andere Farbe, die derart Assoziationen weckt wie Rottöne. Es könnte sich lohnen der Sache auf den Grund zu gehen und Anhaltspunkte zu sammeln, um sich einen gewissen Überblick zu verschaffen.
Farbe wie Rot ist uns Zierde, Gemütswert, Symbol und Signal (Gipper 1955: 135),
als Farbe der Erotik und Sexualität – und damit auch der Unmoral – wird Rot z. B. auch mit Prostitution assoziiert (vgl. Heller 1989: 63), also erotisch, "die Prostitution betreffend", auch "Rotlicht" (Semantik vgl. Caroline Kaufmann, 2006). Abseitsdessen wird häufig auf typisch empfundene Farbträger von rot, etwa des täglichen Lebens wie Fleisch, verwiesen.
In Anbetracht der beachtenswerten Beständigkeit von Symbolkräften ist man mit der Frage konfrontiert:
Was ist es denn, das man sich in Rot hinsichtlich Fußbekleidung an den Körper solch exponierter Stelle legt?
Einleitend, Farbe Rot ist nicht per se gleich Purpur- und vice versa. Dann gibt es noch mögliche Abgrenzungen i.S.v. Mischfarbtönen wie Bordeaux usw. . Dennoch besteht ein weit zurückreichendes teils überlappendes Verständnis und damit partiell gemeinsame Assoziationsräume unter Anderem gründend auf Herkunft sowie den verschiedenen verwendeten Pigmenten und Gerbweisen des Leders, deren Ausdifferenzierung jeglichen Rahmen für einen Beitrag sprengen würden. Deshalb sind betroffene entsprechend der vorliegenden Bezugnahme in Richtung Gegenwart abgepasst.
Es waren die kommandierenden Offiziere der römischen Armee, die ihrerzeit die Mode bestimmten. Für sie gab es von der Heimat bis nach Großbritannien Gesetze, die die Art der Schuhe bestimmten, die von bestimmten Rängen getragen werden durften; auch die Farbe wurde vom Rang bestimmt, sogar unter Zivilisten. Purpur und Rot waren vor allem den Kaisern vorbehalten, und die farbigen Bänder um die Toga eines Mannes zeigten seine Stellung im Leben an. Diese Farben galten auch für die Schuhe, die er trug.
Themulleus (vgl. Mules), ein geschlossener Schuh, der rot war, unterschied sich kaum von dem calceus. Er wurde von Kaisern, Magistraten und den Kindern von Senatoren getragen und erhielt seinen Namen von der berühmten Muschel, aus der farbkräftiges Purpur gewonnen wurde.
Der campagus als sandalenartige Schuhe, die lediglich Zehen und Ferse bedeckten, war u.A. mit Pelz besetzt, oft mit Perlen und Edelsteinen verziert und für die allgemeine Bekleidung bestimmt. Die Version in purpur war jedoch ausschließlich Kaisern vorbehalten (Bossan).
Suetonus (70-128) berichtet über den römischen Senator Lucius Vitellus, der unter seinem Gewand eine Pantoffel bei sich führte, die seine Geliebte an ihrem rechten Fuß trug - ohne die geringste Verlegenheit, zöge dieser besagten Schuh in der Öffentlichkeit hervor und habe diesen mit Küssen bedeckt. Rote Schuhe waren lange Zeit das bevorzugte Attribut römischer Kurtisanerinnen gewesen, bevor alle Frauen es in Nachfolgezeit wagten, sie zu tragen.
Nachdem Kaiser Aurelius (212-275)
sie trug, wurden rote Schuhe zu einem imperialen Symbol und brachten damit eine Tradition zur Welt, die später vom Papsttum und von allen Höfen Europas aufgegriffen wurde unter anderem als Schuhe mit roten Absätzen z.B. aus dem 17. Jhd. .
Bernhard († 818), der König von Italien und Enkel Karls des Großen dürfte diese Farbe ebenfalls getragen haben: Als sein Grab viele Jahre nach seinem Tod geöffnet wurde, sollen seine Schuhe noch intakt gewesen sein- mit Holzsohlen und roten Lederoberteilen, die mit Riemen geschnürt waren.
Die byzantinische Zivilisation erstreckte sich vom 5. bis zum 15. Jahrhundert und brachte in dieser Zeit eine Fülle von purpurroten Lederschuhen ans Licht, die an bestickte Fußbekleidung im persischen Stil erinnerten: Byzantinische Pantoletten und Pantoffeln waren Objekte des Luxus und der Raffinesse, die dem Kaiser und seinem Hof vorbehalten waren. Purpurrote Pantoffeln wurden um das östliche Mittelmeerbecken, teilweise in der Gegend um Alexandria und das Niltal getragen. Diese Merkmale durften weit audgestrahlt haben.
Während der Zeit um etwa 1050-1150
versorgten die Mauren Spaniens Europa mit weichem Leder, vor allem in Rot, dem sogenannten Cordoba-Leder. Es soll nicht unbedingt so genannt worden sein, weil es aus Cordoba kam, sondern weil wohl der Kalif und die Großherren seines Hofes, der sich in Cordoba befand, Schuhe aus diesem Leder trugen. Cordoba war die Hauptstadt des maurischen Spaniens. Viele Begriffe aus der Schuhmacherei sind von diesem Wort abgeleitet, denn auch in England wurde der Name des Leders, das ihnen geliefert wurde, verwendet und Cordewan genannt. Von diesem Wort wurde der Schuhmacher Cordwainer genannt, ein Begriff, der auch im heutigen Englisch verwendet wird. In Frankreich wurde dasselbe Wort zu Cordonnier verballhornt. Dort stellten die Gerber fest, dass sie Leder auf maurische Art und ebenso schönes Leder herstellen konnten, sodass sie zu Cordonniers wurden, was wiederum die Bedeutung dieses Wortes für Schuhmacher übernahm (Eunice Wilson).
Thomas Wright beschreibt neuere allgemeine Beobachtungen aus etwa 1900-1922: Die Türken schwelgen in Schuhen und Stiefeln in "marokkanisch rot". Die Armenier tragen rote Schuhe und Stiefel. Russen lieben mächtige Stiefel, die Männer von Rang unter dem alten Regime trugen das Kassam-Hoch-Tief-Muster aus dunklem purpurrotem Leder, und glücklich war der, der in luxuriöser Bekleidung von Tamboof prahlen konnte, die bis zur Mitte des Oberschenkels reichte, scharlachrot war und aus köstlich duftendem russischem Leder gefertigt war.
"marokkanisch rot"?- Maroquinerie, teils Synonym für das originale rote Leder seit Jahrhunderten hergestellt in Marokko, ist offenbar ein Zeugnis roter Farbe und zeichnet sich wohl durch traditionell natürliche Färbemethoden etwa mit Mohnblüten und Mimosenextrakt aus.
Das Museum
Musée de la chaussure
beherbergt unter Anderem so manches Modell von Hellstern & Sons breveté Paris, bezeichnend für eine Frau von hohem Rang innerhalb der Bourgeoisie.
Ein Teil ist dem Erotisierenden gewidmet und weist Damenmodelle mit hohen Absätzen aus Chevreauleder recht beschränkt auf die Farben Rot und Schwarz auf (überdies auch Silber und Gold). Die Farbkombination ist übrigens stellenweise bezeichnend für historische Freudenhäuser- Fachwerk schwarz und der Putz rot. Allerdings ist Schwarz hinsichtlich Schuhe umfassend eine andere Geschichte...
Nun dürften einige kulturelle Hintergründe angerissen sein, die symbolkräftig nachweislich über viele Jahrhunderte hinweg ausstrahlen. Dazu hinterlasse ich mal noch keine Schlussfolgerungen.
Wem es hingegen einschränkend erscheinen mag, Derartiges annähernd zu berücksichtigen, dem entgegne ich darüber hinaus einige abgepasste Modelle: roter Chukka (vgl. "Desert-Boot") mit Kreppsohle (Naturkautschuk), auch
Freizeitschuhe in marokkanisch rotem Kuduleder (mit gebührender Brandsohle) auf Kork statt Naturkautschuk und rote Slipper aus Chevreauleder, die ich z.Z. nicht wiederfinde- darf ich nachreichen.
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