Die Schnäppchenjagd, das „bargain hunting“, ist mittlerweile in Deutschland zu einem Volkssport geworden.
Ausgelöst durch Fernsehwerbung und Onlineauktionen wurden die Konsumenten dazu erzogen zu glauben,
dass es alles irgendwo immer noch einmal billiger gibt.
Sie werden mit %-Angaben überschüttet, 40 %, 50 % und mehr Rabatt auf alles, aber sie kennen wohl die alte Kaufmannsweisheit nicht:
„Sag du mir wie viel Prozente du willst und dann mache ich dir einen Preis.“
Nun werben aber gerade Outlet-Verkäufe mit der Ersparnis von mindestens 30 oder 40 %.
Outlet – was ist das eigentlich?
Ein Outlet ist im eigentlichen Sinn in unserer Muttersprache kein Fabrikverkauf wie oft irrig angenommen wird, denn diese heißen in England „factory store“,
sondern, und dies kann man ruhig wörtlich übersetzen, ein Auslass oder eine Art Ablassventil für Waren jeder Art.
Seit ungefähr 15 Jahren sind überall in Europa die großen Outletcenter und –villages, entstanden.
Der Unterschied zwischen beiden ist der, dass ein Center meist in einer großen Halle untergebracht ist und die Architekten die Outletvillages in einem für die Gegend typischen Baustil nachgebaut haben.
In den einzelnen Reihenhäuschen sind im Erdgeschoss die Läden und im Obergeschoß die Warenlager untergebracht.
Man unterscheidet zwischen Centern/Villages, die von einer Betreibergesellschaft mit eigenen Mitarbeitern in den verschiedenen Läden geführt werden und
solchen mit einem Shop-in Shop-System, bei dem die Hersteller die Ladengeschäfte angemietet haben und in eigener Regie betreiben.
Für die Kunden sind diese Unterschiede wohl relevant, aber sie können es nur schwer erkennen.
Wird das Center/Village von einer Betriebsgesellschaft betrieben, so erledigt diese Gesellschaft den Einkauf für die einzelnen Läden/Marken bei den jeweiligen Herstellern.
Es besteht wohl eine Kooperation zwischen Betreibergesellschaft und Hersteller aber auch zugleich eine Konkurrenzsituation, da beide die Waren derselben Marke demselben Kundenkreis verkaufen möchten.
Der Produzent wird also in jedem Fall versuchen sofern der Markt es ihm erlaubt der Betreibergesellschaft nicht die besten und aktuellsten Waren zu verkaufen, sondern diese selbst zu vermarkten.
Viele Hersteller unterhalten direkt auf ihrem Firmengelände einen Fabrikverkauf, um dort Waren mit leichten Fehlern direkt an die Endkunden abzuverkaufen.
Es gibt aber auch Fabrikläden, die das gesamte aktuelle Sortiment als „erste Wahl“ anbieten und die fehlerbehaftete „2. Wahl“ oder solche aus der den Vorjahren
besonders gekennzeichnet zu einem nochmals reduzierten Preis.
Bei diesen echten Fabrikverkäufen liegt die Reduzierung zum „Unverbindlichen Richtpreis (UvP)“ in der Regel für „erste Wahl“ bei 40 %, je nach Mangel für die „2. Wahl“ höher.
Der Marktpreis, also der Preis zu dem die Ware von Einzelhändlern, gleich ob stationärer oder Versandhandel verkauft wird, kann aber erheblich vom UvP des Herstellers abweichen.
Der Kunde muss also vergleichen – nein, nicht die Prozentangaben sondern einfach nur die Preise, die er tatsächlich für den jeweiligen Gegenstand bezahlen muss.
Es liegt am Kunden und seiner Recherche vor Antritt der Fahrt zum Fabrikverkauf, ob er mit Glück ein Produkt 2. Wahl kaufen kann und sich damit zufrieden gibt oder ob er dies rundweg ablehnt.
Interessant sind nach meiner Meinung nach nur Fabrikverkäufe, wo man das gesamte aktuelle Sortiment in fehlerfreier Ausführung kaufen kann.
Es käme niemand auf die Idee sich ein kaputtes neues Auto zu kaufen, nur weil er ein paar Euro weniger zahlen muss.
Dieser Minderzahlbetrag ist also kein echter Nachlaß auf den Preis im eigentlichen Sinne sondern stellt maximal einen Ausgleich für die vorhandenen Mängel dar.
Allein der Kunde entscheidet ob er ein solches Angebot annimmt und die fehlerhafte Ware kauft.
Er sollte sich dann aber auch nicht verwundern wenn diese Sachen nicht lange halten, auseinanderfallen oder nur bedingt zu gebrauchen sind wie z.B. ein Wasserkessel mit „runden Boden“,
der auf der Herdplatte hin und her wackelt oder wenn er die Fehler nach seinem abgeklungenen Kaufrausch erst zuhause entdeckt.
Der Kunde sollte bei Kleidung, Schuhen usw. die Qualität der Sachen, die er kaufen will, sehr genau kennen:
dass z.B. Cashmerestrümpfe eines Herstellers in Einzelhandelsqualität nur einen Anteil von 10 % Kunstfaser haben, in dessen Outletcenterläden aber auch schon mal 20 % Anteil;
dass Jeans in der Größenfolge 34 - 36 - 38 immer größer werden sollten und nicht, wie es mir schon einmal passiert ist, die tatsächlichen Größen wie gewürfelt ausfielen.
Zählt man einmal zusammen wie viele Outletcenter es allein in Europa gibt und in wie vielen eine bestimmte Marke zu vertreten ist,
dann müsste den Kunden eigentlich auffallen, dass bestimmte und sehr bekannte Label in beinahe jedem dieser Center mit einem großen,
umsatzstarken, eigenen Ladengeschäft vertreten sind, die oft eher an eine Flagshipstore denn einen Fabrikverkaufsladen erinnern, so aufwendig wie sie ausgestaltet sind.
Nur – hat jemand einmal die Überlegung angestellt wie viele „fehlerbehaftete Ware“ die Hersteller dieser Marken/Labels produzieren müssten, um allein diese Outletstores mit ausreichenden Mengen beliefern zu können?
Bei manchen dieser Labels müsste also theoretisch wohl jedes zweite Teil fehlerhaft aus der Produktion kommen.
Wer glaubt daran? Wenn dies zutreffen würde, dann würde das Label den Vertrag mit dem jeweiligen Hersteller ganz schnell kündigen, oder?
Ich setze einmal voraus, dass dem Leser bewusst ist, dass kaum ein berühmtes Label eigene Produktionsstätten unterhält,
sondern sich auf dem Weltmarkt den billigsten Produzenten sucht, um seine Produkte herzustellen zu lassen.
(Es gibt auch Lizenzware, die aber in diesem Zusammenhang unter die Rubrik Herstellerwaren fällt.)
Die logische Konsequenz aus dieser Situation ist die, dass die Marken/Labels extra für ihre Outlet-Verkaufsläden eigene Serien produzieren lassen,
die sich wohl von der Ware, die an den hochpreisigen Einzelhandel in den Cities geliefert wird, na sagen wir einmal „leicht unterscheidet“.
Die Unterschiede können in einer minderen Materialqualität, einem anderen Materialmixed mit z.B. höheren Anteil an Kunstfasern liegen,
einer schlechteren Verarbeitung mit größeren Stichabständen, einem billigeren Innenfutter usw. liegen – der Phantasie der Anbieter sind da kaum Grenzen gesetzt.
Natürlich kann der Kunde in diesen Geschäften mit etwas Glück Einzelstücke aus der regulären Vorsaison oder Rückläufer vom Einzelhandel kaufen.
Nur hängt damit wohl kaum ein ganzes Regal mit allen Größen und Farben voll, das wäre wohl etwas zu viel an Zufall und Kundenglück.
Es würde also an einen Sechser im Lotto erinnern, wenn der Kunde in einem Outletcenter oder –Village tatsächlich fehlerfreie Ware einer sehr bekannten und teuren Marke in Einzelhandelsausstattung mit 40 %-Rabatt kaufen könnte.
Wie lange würde es wohl dauern bis die Einzelhändler aus dem Umland des Outletcenters/-village auf die Barrikaden gehen würden?
Nur in den im Land verstreuten echten Fabrikverkaufsläden kann man also, abhängig vom jeweiligen Hersteller, in der Regel das Glück haben aktuelle Ware in 1a-Qualität tatsächlich kaufen zu können.
In Outletcenter ist dies auch möglich wenn man sich genau auskennt und die Hersteller noch keine sehr bekannte Marke sind.
Dies setzt in der Regel auch voraus, dass der Verkaufsladen im Outletcenter tatsächlich vom Hersteller betrieben wird.
Dabei wird aber so oder so auch ein Teil der Ersparnis wieder von den Reisekosten aufgezehrt, und den erforderlichen Zeitaufwand muss der Käufer wohl unter der Rubrik „Urlaub“ verbuchen.
Mir ist bewußt, dass viele Outlet-Shopper nicht wahrhaben wollen, dass so manche Marke speziell für die Outletcenter und -villages "preiswertere" Ware extra herstellt, aber es ist nun ein einmal eine Tatsache.
Natürlich ist es viel mühsamer und zeitaufwendiger z.B. in Italien die jeweilige Fabrik anzufahren und dort dann mit Glück auch das Kaufen zu können weshalb man die weite Reise auf sich genommen hat,
aber man bekommt so nicht nur unschlagbare Preise sondern auch oft 1a-Ware - man kauft dann aber auch leider oft zu viel!
Wo haben Sie gekauft? Wie waren das Angebot und die Preise? Ihre Erfahrungen und ihre Zufriedenheit insgesamt?