• Der Ausdruck "Machart" bezieht sich immer auf die Art und Weise wie die Sohlen eines Schuhes miteinander verbunden werden: die Brandsohle, auch (Schuh-) Boden genannt, mit der Zwischensohle, falls vorhanden,
    oder regelmäßig mit der Laufsohle.
    Man unterscheidet grundsätzlich zwischen geklebten Schuhen, auch branchenintern AGO-Schuhe oder kurz AGO (nach einem alten Klebstoff benannt), und genähten Schuhen,
    bei denen man wieder zwischen hand- und maschinengenähten Schuhen unterscheidet.
    Handgenähte Schuhe zeichnen sich beim Gehen speziell dadurch aus, dass sie die Füße sehr gut unterstützen, weich abrollen und man sie kaum spürt während maschinengenähte Schuhe härter sind.

    Bei AGO-Schuhen werden die Einzelteile des Schaftes inkl. dem (Innen-) Futter miteinander vernäht, eingeleistet (über die Schuhform gestülpt), fixiert und mit der Laufsohle unter Druck verklebt.
    Diese Schuhe sind relativ steif, da die Verbindung des Schaftes mit den Sohlen (Brand- und Laufsohle) durch das Kleben recht starr ist.

    Bei den genähten Schuhen unterscheidet man zwischen 4 Konstruktionsgruppen:

    • mit Brandsohle + mit Rahmen
    • mit Brandsohle + mit Zwischensohle
    • mit Teilbrandsohle – wie bei der Machart Tubolare aus Italien
    • ohne Brandsohle – wie der Mokassin indianischen Ursprungs aus den USA

    Ein kleiner Hinweis:
    In anderen Sprachen kann das Wort Mokassin eine vollkommen andere Bedeutung haben, z.B. bezeichnet es in Frankreich allgemein den Loafer (Slip-on), in Italien kann es sowohl für Loafer aber auch für ganze leichte Schuhe
    ähnlich dem indianischen Mokassin oder für eine spezielle Machart stehen.

    Die Schuhe mit Brandsohle und mit Rahmen unterscheidet man in zwei große Gruppen:
    Riemen/Rahmen von unten an die Brandsohle genäht: der „rahmengenähte“ Schuh
    Riemen/Rahmen außen am Schaft "angeschlagen" (genäht) und mit einer in etwa waagerechten Naht, also von der Seite her, mit der Brandsohle vernäht:
    zwie-, triegenähte Schuhe und die Macharten Stagno, Bentivegna und Tirolese als Ableger der Machart Norvegese.
    Die Machart Norvegese ist nicht zu verwechseln mit dem Design Norveger. „Norvegese“ wird oft als „Norvegian“ ins Englische übersetzt, was sowohl das Design aber auch die Machart bezeichnen kann: es gibt also Schuhe mit dem Design Norvegian und zugleich in der Machart Norvegian = Norvegese.

    bestofbest-mode.com/index.php?attachment/24/

    Die sogenannten rahmengenähten Schuhe unterteilen sich wiederum in:
    durchgenähte Schuhe, bei denen die Zwischen-/Laufsohle oder der Rahmen direkt an die Brandsohle angenäht wird und im Inneren diese Naht sichtbar ist – typische Macharten: Blake und Blake Rapid
    nicht durchgenähte Schuhe wie Goodyear Welted (GYW) oder handeingestochene Schuhe mit Einstichkanal oder mit einer Rißlippe in der Brandsohle – in jedem Fall ohne sichtbare Naht im Schuhinneren.

    bestofbest-mode.com/index.php?attachment/25/

    Bei der Machart Goodyear Welted gibt es 3 gängigen Ausführungen, die sich in der Befestigungsart der Konstruktion unterhalb der Brandsohle, also von Rahmen, Zwischen-/Laufsohle an der Brandsohle unterscheiden:

    bestofbest-mode.com/index.php?attachment/30/ bestofbest-mode.com/index.php?attachment/364/
    genuine/original GYW:
    Dabei wird die Brandsohle entlang ihrer Außenkannte waagerecht eingeschlitzt und der obere Teil senkrecht nach oben zu einem umlaufenden Kragen hochgebogen. Anschließend wird in den so entstandenen Innenwinkel ein Textil-/Gemband zur Verstärkung eingeklebt. An diesen Kragen wird dann der Lederriemen angenäht, den man danach als Rahmen bezeichnet.
    Diese Konstruktion steift die Brandsohle aus und der hochgestellte Rand (Kragen) kann im Laufe der Zeit brechen. Sie gilt wohl immer noch als Qualitätsmerkmal bei Schuhen, ist aber technisch längst überholt.

    bestofbest-mode.com/index.php?attachment/28/
    GYW primestitched – GYW mit Gemband:
    Auf die Brandsohle wird entlang der Außenkante das Gemband aufgeklebt und an diesem der Riemen/Rahmen angenäht. Also hängt alles unterhalb der Brandsohle an diesem aufgeklebten Gemband.
    Diese Konstruktion ist der Standart bei der industriellen Schuhfertigung.
    Durch das Gemband und den Aufbau wird der Schuh etwas ausgesteift und die Haltbarkeit eingeschränkt.

    bestofbest-mode.com/index.php?attachment/31/
    GYW mit Riß in der Brandsohle:
    Die Brandsohle ist entlang ihrer Außenkante in einem Abstand von ca. 7 – 20 mm eingeschlitzt, in diesem Kanal verläuft die Naht, mit der der Riemenbei GYW maschinell an die Brandsohle angenäht wird.
    Dieses ist die absolut hochwertigste der Goodyear-Macharten, da die Brandsohle (und damit der Schuh) nicht ausgesteift wird, das Kleben (des Gembands) entfällt und der Rahmen direkt an die Brandsohle genäht wird.
    Man findet diese recht aufwendige Verarbeitung, soweit mir bekannt, nur bei italienischen Schuhen aus kleineren Schuhmacherwerkstätten.
    Speziell in Italien muss man achtgeben, denn alle die vorgenannten Macharten werden dort „Goodyear“ genannt, selbst wenn die Schuhe komplett von Hand (fatte a mano) gemacht sind.

    Die verschiedenen Brandsohlen für die zuvor beschriebenen Goodyear-Macharten:
    bestofbest-mode.com/index.php?attachment/26/ bestofbest-mode.com/index.php?attachment/27/


    bestofbest-mode.com/index.php?attachment/32/
    Handeingestochen:
    Dabei wird vom Schuhmacher ein Einstichdamm aus der Brandsohle heraus gearbeitet; mit Hilfe der Ahle (dicke Nadel mit Holzgriff) durchsticht er diesen Damm von innen nach außen und näht den Riemen mittels 2 gepechter Fäden an. Das Pech besteht aus Harz, Bienenwachs und Paraffin.

    Blake und Blake Rapid (durchgenähte Macharten):
    bestofbest-mode.com/index.php?attachment/29/
    Bei der Machart Blake wird die Laufsohle direkt an die Brandsohle angenäht. Diese Machart findet man hauptsächlich bei leichten Sommerschuhen mit dünnen Laufsohlen.
    Bei Blake Rapid(a) wird entweder ein Riemen/Rahmen oder eine Zwischensohle direkt an die Brandsohle angenäht, so dass im Schuhinneren die entsprechende Naht sichtbar ist.
    Wenn eine Zwischensohle angenäht wurde, dann wird die Laufsohle an diese angedoppelt (-genäht); bei dieser aufwendigeren Konstruktion besteht keine Verbindung der Schuhunterseite via dem Faden zum Inneren des Schuhes.
    Die Angaben auf einer bekannten Internet-Lexikonseite zu Blake und Blake Rapid sind „nicht korrekt“ ebenso wie die dazu abgebildete Zeichnung!

    Rahmengenäht kann also ein Schuh bisher auf 5 Arten sein:
    GYW in den Ausführungen genuine, primestitched und mit Rißlippe,
    handeingestochen (und handgedoppelt) so wie es die Maßschuhmacher machen, oder
    in Blake Rapid mit einem Riemen/Rahmen.

    Zwie- und triegenähte Schuhe:
    Auch bei dieser Machart ist ein Riemen (= Rahmen) das Verbindungsglied zwischen der Brandsohle und der Zwischen- bzw. Laufsohle; bei Schuhen nur mit einer Laufsohle wird diese Machart in der Regel nicht angewandt, da der aufgesetzte Rahmen zur relativ dünnen Laufsohle (optisch) unproportioniert wirkt.
    Der Rahmen liegt dabei nicht unter der Brandsohle sondern außen auf dem Schaft-/Oberleder auf; beim Annähen durchsticht der Schuhmacher den Einstichdamm in etwa waagerecht, dann das Futter-, das Oberleder und den Riemen/Rahmen.
    Die Bezeichnung zwiegenäht, die eigentlich nur unzureichend diese Machart beschreibt, rührt daher, dass zwei Nähte von außen sichtbar sind:
    die Riemen-/Rahmennaht und darunter die Doppelnaht, mit der die Zwischensohle an den Rahmen angedoppelt (-näht) wird.
    Die Laufsohle wird oft (nur) auf die Zwischensohle aufgeklebt, kann aber auch mit einer weiteren Naht an diese angedoppelt werden – dann spricht man von einem triegenähten Schuh.

    Bei allen zuvor beschriebenen Macharten werden das Ober- und das Futterleder nach innen auf die Unterseite der Brandsohle geschlagen und alle verfügen über eine Ausballung (i.d.R.: eine Korkmasse) unter der Brandsohle!

    Eine Ableitung der Machart Goodyear Welted ist Veldtschön:
    Dabei wird das Futterleder nach innen unter die Brandsohle und das Oberleder nach außen auf den Rahmen geschlagen, damit der Schuh wasserdicht wird. In der Regel wird auf dem Oberleder ein schmaler Riemen aufgelegt und vernäht.
    Nun gibt es – rein technisch betrachtet - schon 8 verschiedene Arten des rahmengenähten Schuhs, jedoch werden allgemein nur Schuhe mit dem Rahmen unterhalb der Brandsohle auch umgangssprachlich als rahmengenäht bezeichnet!

    Norvegese - Stagno - Cadenon:
    Bei der Machart Norvegese werden Futter- und Oberleder nach außen geschlagen (Unterschied zu Zwiegenäht und Feldschön) und in der Regel von Hand mit der Brandsohle, in die zuvor ein Einstichdamm gearbeitet wurde, vernäht.
    Da so die Unterseite der Brandsohle (mit Ausnahme des Bereichs des Einstechdammes) eben ist, muss keine Korkausballung aufgebracht werden.
    Es sind insgesamt 3 Nähte von außen sichtbar:
    die oberste verbindet Ober- und Futterleder mit der Brandsohle,
    die mittlere verbindet Ober- und Futterleder mit der Zwischensohle,
    die dritte Naht, die auf der Zwischensohle aufliegt, verbindet Zwischen- und Laufsohle.
    Bei der Machart Stagno wird zusätzlich ein Riemen aufgelegt und vernäht, damit der Schuh wasserdicht wird – für diese Machart findet sich auch die Bezeichnung Bentivegna.
    Genau genommen ist also auch Stagno eine Rahmennähart.

    Die Machart Norvegese wird wohl in der Regel und von den allermeisten Schuhmachern von Hand genäht, aber sie kann auch mit einer speziellen Maschine neuerdings genäht werden.
    Im Original ist sie 360 Grad-genäht, also rundum, es gibt aber auch die 180 Grad-Variante, bei der die typische Naht jeweils an der Absatzvorderkante endet.
    Bei dieser Machart ist es sehr wichtig, dass Brand-, Zwischen- und Laufsohle nicht verdichtet sind, da der Schuh sonst zu starr werden würde, und es zeichnet gerade die Machart Norvegese aus,
    dass sie (neben Stagno) nach meiner persönlichen Erfahrung die bequemsten, handgenähten Schuhe sind.

    Bentivegna:
    Diese Machart erinnert stark an Stagno, aber sowohl Rahmen als auch Ober- und Futterleder werden nach innen auf die Brandsohle
    geschlagen, was eine Ausballung erforderlich macht.
    Bei der Andoppelung der Zwischensohle erfolgt die Stichführung durch den "Spalt" zwischen Schaftleder und Rahmen, bleibt also unsichtbar;
    Die Laufsohle wird normal angedoppelt.


    Weitere Macharten, u.a. mit Teilbrandsohle bzw. ohne Brandsohle, auf die ich später eingehen werde:
    Moccasin (USA)
    Mocassino (IT) – nicht mit dem amerikanischen Mokassin verwecheln!
    Tubolare (IT)
    Reverso (IT)
    Sacchetti /Bologna (IT)
    San Crispimo (IT)
    Versilia (IT)
    California (IT)
    und andere.

    Es steht auf jeden Fall fest, dass es die meisten und filigransten Macharten in Italien gibt, viele davon tragen zudem Phantasienamen der Schuhmacher, damit sie sich von den Konkurrenzprodukten abheben, oder haben noch gar keinen Namen wie die neue Machart von Franco Cimadamore – zumindest kenne ich ihn noch nicht.
    Es ist ein Irrglaube, dass England bei der Serienschuhherstellung führend sei und aus Italien nur leichte Schuhe kämen wie Schuhe der Macharten Norvegese, Stagno und Tirolese eindeutig widerlegen.
    Der interessierte Leser sollte auch in jedem Fall einen Blick auf die Schuhe aus Japan werfen, zumal die Guild of Craft in Paris schon ein eigenes Geschäft eröffnet hat und auch andere japanische Marken auf den Europäischen Markt drängen.
    Die Schuhe aus Spanien und Portugal sind auch einen Blick wert und können auch leicht mit Schuhen aus England mithalten.
    Richtig ist aber auch, dass fast nur englische Maßschuhmacher, aber dort leider auch nur wenige, den „Fiddle Bevelled Waist“ bei Maßschuhen perfekt beherrschen, bei dem die Laufsohle im Bereich des Stegs um den fein ausgeschäften Rahmen herum gebogen wird.
    Sehr elegante Maßschuhe kommen auch aus Paris und die Maßschuhmachermeister aus Deutschland beherrschen ihr Handwerk ebenfalls sehr gut und mischen dabei auch ganz vorne mit.

    Bilder Teil 2

  • Die Machart Zwiegenäht, die ebenfalls einen Rahmen aufweisen, der Schaft/Brandsohle mit der Zwischen- bzw. Laufsohle verbindet, habe ich doch glatt vergessen.
    Die Zeichnung und Beschreibung folgt "zeitnah".
    Soviel vorab:
    Sie ist eng mit den Rahmengenähten verwandt, der Unterschied besteht darin, dass der Riemen (Rahmen) außen sichtbar am Schaft (Oberleder) angeschlagen bzw. angenäht wird.

  • Bei der Machart Blake Rapid, durchgenäht, mit Zwischensohle werden Futter- und Oberleder nach innen auf die Brandsohle
    geschlagen und in ihrem schmalen Auflager geklebt.
    Nach dem Ausleisten wird in der Stärke von Futter- und Innenleder auf die Brandsohle eine dünne Ausballungsschicht aufgebracht,
    um eine ebene Fläche zu schaffen.
    Anschließend wird die Zwischensohle an die Brandsohle genäht, dabei durchsticht die Nähmaschine Futter- und Oberleder und
    fixiert diese ebenfalls.
    Abschließend wird an die Zwischensohle die Brandsohle angenäht (Sohlennaht).
    Schuhe in dieser Machart sind sehr flexibel und nicht so ausgesteift wie gembandgenähte Goodyearwelted-Schuhe
    und bieten darüber hinaus den Vorteil, dass die Ausballungsschicht nur sehr dünn ist bzw. entgegen der Zeichnung sogar
    komplett darauf verzichtet werden kann, wenn die Zwischensohle leicht ausgespart wird.
    Sie sind darüber hinaus sehr leicht zu reparieren, da bei einer Laufsohlenerneuerung die Form des Schuhes
    komplett erhalt bleibt weil Brandsohle, Schaft und Zwischensohle miteinander vernäht sind (Blakenaht).

    Neben der großen Flexibilität der Schuhe sehe ich den zweiten großen Vorteil darin, dass diese Machart/Ausführung
    es dem Schuhmacher erlaubt den Schaft oberhalb des Gelenks (Stegs) stark einzuziehen, um das Fußgewölbe abzustützen.

    Diese Machart bzw., Ausführung ist bei uns recht unbekannt, da solche Schuhe aufgrund der Naht im Fußraum
    ein Negativimage haben, das jedoch vollkommen unbegründet ist.
    Das Märchen, dass bei einem Blake- bzw.durchgenähten Schuh über die Blakenaht Wasser in den Schuhinnenraum
    eindringt ist durch die Zeichnung eindeutig widerlegt, da weder bei Blake Rapid mit Rahmen noch bei der hier gezeichneten
    Variante mit Zwischensohle eine Naht vom Innenraum zur Unterseite der Laufsohle führt.
    Ein Übriges tut der Preis solcher Schuhe, der oberhalb der GYW-Einsteigerklasse liegt, da bei der Zwischensohlenvariante
    meist auch höherwertiges Oberleder verwendet wird und der sogenannte Ausputz aufwendiger gestaltet ist.

    Wenn man sich die Zeichnungen zu Blake und Blake Rapid in Wikipedia anschaut, so kann man ein paar Unterschiede
    zu meinen Zeichnungen feststellen; es gibt aber weder einen keilförmigen Keder (= Rahmen) noch Reißzwecken in der
    Brandsohle noch ist diese gar nach unten durchgebogen.
    Die Führung der eigentlichen Blakenaht, mit der der Rahmen (Keder) an die Brandsohle genäht wird,
    durch die Laufsohle hindurch ist ebenso falsch!


    Mir fällt gerade auf, dass ich leider vergessen habe die Naht auf der Brandsohle entlang dem Futterleder einzuzeichnen.:confusion:

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!